Vor vielen Jahrhunderten stand dort, wo heute der Haldensee liegt, ein prächtiger Bauernhof. Dieser war der größte und schönste im ganzen Tal. Der Bauer, der hier lebte, war der reichste Mann weit und breit und konnte zahlreiche Truhen mit Gold und Silber füllen. Sein Reichtum machte ihn stolz und geizig. Statt die Perlen des Rosenkranzes zu zählen, zählte er lieber sein Geld, und der Klang seines Goldes war ihm lieber als Orgelspiel und Chorgesang während des Gottesdienstes.
Der Bauer hatte drei wunderschöne Töchter. Doch auch sie wurden vom Reichtum verblendet und überheblich. In Samt und Seide gekleidet, besuchten sie sonntags die Kirche, jedoch nur, um bewundert und beneidet zu werden. Selbst als die Jüngste erblindete, änderte sich ihr Verhalten nicht.
Nach dem Tod ihres Vaters organisierten die Töchter eine prunkvolle Beerdigung und schritten in prächtigen Trauerkleidern hinter dem Sarg her. Doch echte Trauer empfanden sie nicht. Bald darauf begannen sie, das Erbe aufzuteilen. Mit gierigen Augen betrachteten die Älteren die Schätze, und auch die blinde Schwester wühlte mit gleicher Gier darin. Um den Betrug zu erleichtern, füllten die Älteren einen Vierling bis oben hin, während sie bei der blinden Schwester den Vierling umdrehten und nur den Raum zwischen Boden und Rand füllten.
Als die Blinde den Betrug bemerkte, stieß sie den Scheffel vom Tisch, hob die Faust gegen den Himmel und verfluchte den Reichtum und ihre beiden Schwestern. Ein furchtbares Unwetter brach los, tosende Bäche stürzten vom Berg herab und begruben alles unter ihren Fluten. So entstand der Haldensee.
Daten Quelle: www.sagen.at